Archäologisch-historischer Vortrag entführte ins Silicon Valley an Rhein und Mosel


Mehr als 2000 Jahre lang zählte das Moselmündungsgebiet zu einer blühenden Industrielandschaft – und das ununterbrochen. Für den letzten Termin der diesjährigen Reihe archäologisch-historischer Vorträge konnte die Verbandsgemeinde (VG) Weißenthurm in Kooperation mit der Volkshochschule (VHS) der VG die Experten Dr. Stefan Wenzel und Dr. Lutz Grunwald gewinnen. Die Wissenschaftler vom Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) erläuterten dem zahlreich erschienenen, interessierten Publikum anschaulich die industrielle Entwicklung in der Region.

Es war durchaus eine blühende Landschaft, die sich zwischen 300 und dem 10. Jahrhundert vom Brohltal über Mayen und Andernach bis zur Mosel erstreckte. Der Bereich gehörte bereits davor zu den aus wirtschaftlicher Sicht besonders wichtigen Gebieten der Nordwestprovinzen des Römischen Reiches. Die Archäologen schilderten, dass der älteste Industriezweig der Abbau von Basalt war. Die Römer bauten zusätzlich Tuffstein ab, bevor die Keramikproduktion in Mayen und Weißenthurm immer bedeutsamer wurde. „Damals schon waren die Prozesse standardisiert. Die Herstellung erfolgte über Arbeitsteilung; das war Massenproduktion“, erklärte Wenzel. Die Produkte wurden bis nach Großbritannien, später gar bis Skandinavien exportiert. Entscheidende Faktoren für den Erfolg der Industriezweige auf dem europäischen Markt waren die Transportwege über Rhein, Mosel und Lahn. Zudem befanden sich im Moselmündungsbereich Münzprägestätten, entsprechend der wirtschaftlichen und politischen Bedeutung der Region im 6. und 7. Jahrhundert. Danach griff man im 8. Jahrhundert auf Silbergeld aus dem anglo-friesischen Raum zurück.

Mit dem Weinbau entstand um das Jahr 300 ein neuer Wirtschaftszweig. „Der weströmische Kaiser Konstantin initiierte und förderte den Anbau, der bis heute eine wichtige Rolle in der Region spielt“, erläuterte Grunwald. Auch der Mühlsteinabbau und die Keramikproduktion hielten sich bis in die Moderne und reichten bis in das 20. Jahrhundert.

Die Wirtschaft prosperierte im Moselmündungsbereich weit mehr als die im Vortrag behandelten sechs Jahrhunderte ohne Unterbrechung. „Das ist ungewöhnlich und beeinflusste die Entwicklung der Besiedelung“, sagte Wenzel. Grundlage für die Entstehung der Dörfer und Städte war die römische Infrastruktur, die später noch weiter ausgebaut wurde. Entsprechend entwickelten sich auch die Ortschaften „und mit ihnen die hier lebenden Menschen in ihren sozialen, kulturellen und ökonomischen Bindungen“, so Wenzel. So zeigten beispielsweise Grabbeigaben wie Schmuck aus Frauengräbern in Neuwied-Oberbieber, Münstermaifeld oder Rhens, dass Teile der Bevölkerung wohlhabend waren.

Erst in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts kam es zu Störungen in der Region durch Beutezüge von Wikingern.  Dass bereits um das Jahr 406 herum fremde Völker über den Rhein in die Region eingedrungen sind und sie zerstört haben, bezweifeln Wenzel und Grunwald. „Warum sollte jemand ein solch blühendes Revier mit bester Wirtschaftskraft zerstören“, fragte Grunwald. Archäologische Spuren der vom Kirchenvater Hieronymus geschilderten Katastrophe hätten sich nicht gefunden. Der Kriegszug der Hunnen in Jahr 451 hingegen führte weit südlich durch das Oberrheingebiet und nicht durch das Moselmündungsgebiet. Unter den rund 70 interessierten Zuhörerinnen und Zuhörern im sehr gut besuchten Ratssaal war der Beigeordnete der VG, Günther Oster. Er begrüßte die Referenten, die Fragen des Publikums beantworteten, und überreichte kleine Präsente.

Für dieses Jahr ist die Reihe archäologisch-historischer Vorträge abgeschlossen. Im nächsten Jahr soll es mit weiteren Experten zu anderen spannenden Themen weitergehen.